Einige, die den Bericht Rechenzentrum 2025: Näher am Edge gelesen haben, waren überrascht von der Tatsache, dass die über 800 befragten Experten für globale Rechenzentren bezüglich erneuerbarer Energien prognostizieren: etwa ein Fünftel (21 %) des gesamten Stromverbrauchs von Rechenzentren wird im Jahr 2025 aus Wind- und Solarenergie stammen. Es bestehen bei den Befragten Zweifel darüber, dass die Branche entsprechend gerüstet ist, um dieses Ziel zu erreichen.
Im Vergleich zu Antworten auf die gleiche Frage im Jahr 2014 erscheint diese Projektion jedoch zaghaft. Damals wurde prognostiziert, dass allein die Solarenergie bis 2025 mehr als ein Fünftel (22 %) des Strombedarfs für Rechenzentren decken wird, wobei 12 % zusätzlich aus Windenergie stammen.
Ist dies jetzt ein Ergebnis, wie im Gartner-Hype-Zyklus beschrieben – bei dem „überzogene Erwartungen“ nun einer gewissen Ernüchterung weichen, da das Potenzial für den Einsatz erneuerbarer Energien vor 2025 bereits ein Produktivitätsplateau erreicht hat? Oder werden unsere Erwartungen noch weiter schrumpfen, je nähere wir dem Jahr 2025 kommen?
Ausgehend von den heutigen Trends glaube ich, dass Ersteres wahrscheinlicher ist. Das Ziel, bis 2025 einen Stromverbrauch von einem Fünftel kW/Stunde in Rechenzentren aus Solar- und Windkraft zu erreichen, ist realistisch und machbar.
Was hält uns zurück?
Der Bedarf des Rechenzentrums an permanentem Strom führt zu direkten Herausforderungen bei der Nutzung erneuerbarer Energien. Während die Solartechnologie erhebliche Fortschritte bei der Effizienz erzielt hat, und sowohl Solar- als auch Windenergie im Vergleich zu herkömmlichen Energiequellen kostengünstiger geworden sind, werden diese Technologien aber von vielen Rechenzentrumsbetreibern noch als riskant – und unpraktikabel – angesehen. Die Reduzierung der CO2-Emmission hat in der Branche eine hohe Priorität, darf jedoch die zuverlässige Verfügbarkeit von Strom nicht beeinträchtigen.
Die Mehrheit der Rechenzentren wird weiterhin auf Strom der großen Energieanbieter angewiesen sein. Und obwohl die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien im Stromnetz zunimmt, ist es eher unwahrscheinlich, dass die Branche bis 2025 die 20-Prozent-Marke bezüglich erneuerbarer Energien erreichen kann. Im Vergleich: 2018 stammten rund 3 % des weltweit erzeugten Stroms aus Solarenergie. Nur rund 60 % davon waren nutzbar. 2018 wurden sechs Prozent der weltweiten Energie durch Windkraft erzeugt.
Die Zukunft der erneuerbaren Energien ist aufgrund der Undurchsichtigkeit bei den staatlichen Anreizen weiterhin unbeständig. Die EU hat sich zum Beispiel in ihrer Richtlinie zu erneuerbaren Energien zum Erreichen von 32 % an erneuerbaren Energiequellen im Bruttoenergieverbrauch bis zum Jahr 2030 verpflichtet. Und auf der anderen Seite beenden die USA und China Subventionen, die die Entwicklung von Windenergie fördern. Ist die Technologie so ausgereift, dass sie ohne Subventionen im Vergleich zu herkömmlichen Energiequellen kostengünstig ist? Der Energiespeicher von Netzbatterien könnte zukünftig eine wichtige Rolle bei der Integration erneuerbarer Energien spielen, um zur Senkung von Energiekosten beizutragen.
Wie bewegen wir uns weiter vorwärts?
Führende Rechenzentrumsentwickler haben sich dazu verpflichtet, ihre Rechenzentren mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Sie versuchen, zukunftsweisende Ansätze zu realisieren, um die potenzielle Nutzung erneuerbarer Energien durch Rechenzentren weltweit zu steigern.
Strombezugsverträge (Power Purchase Agreements, PPA) haben sich zu einem wichtigen Instrument für die Steigerung des Verbrauchs erneuerbarer Energien in Rechenzentren entwickelt. Dies kann eher als ein indirekter als ein direkter Ansatz angesehen werden. Denn ins Netz wird ein Teil des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen eingespeist und den Rechenzentren dadurch zugänglich gemacht. Heutzutage stellen PPA häufig die beste Alternative zur Steigerung von erneuerbarem Energieverbrauch dar. Denn so werden Neuentwicklungen zur Nutzung von erneuerbaren Energiequellen unterstützt, insbesondere, wenn sie von großen Unternehmen vorangetrieben werden.
Im Gegensatz zu erneuerbaren Energiegutschriften (Renewable Energy Credits, RECs), die den Energieanteil von erneuerbaren Energien klar ausweisen, aber keinen direkten Energiekauf erlauben, ermöglichen die PPA Betreibern – wo möglich –, den angebotenen Sauberstrom zusammen mit dem ausgewiesenen REC zu kaufen.
Dies ist in wettbewerbsintensiven Stromanbietermärkten wie Europa am einfachsten zu realisieren (da wir in vielen Bereichen auch einen hohen Anteil an verfügbaren erneuerbaren Energiequellen haben). Es ist komplexer in Bereichen, in denen der Strommarkt reguliert ist. Doch wie im Google-Whitepaper „Erreichen unseres Einkaufsziels für 100 % erneuerbare Energien und mehr“ beschrieben wird, ist dies über eine Swap-Vereinbarung mit fester Laufzeit weiterhin möglich.
PPAs und RECs werden heute von einer Reihe wichtiger Unternehmen verfolgt, darunter Google, Equinix und Digital Reality. Sie wollen damit schneller die ambitionierten Ziele der erneuerbaren Energienutzung erreichen und anderen Strategieverfolgungen entgegenwirken. Allerdings ist das mehr als kurzlebig gedacht. Denn diese Bestrebungen sind mit zunehmendem Anteil erneuerbarer Energien am Stromnetz kaum noch relevant. Aber für Unternehmen, die zu 100 % auf erneuerbare Energien setzen, wird sich diese Strategie weiterhin langfristig durchsetzen, um unvermeidliche Lücken bei der Verfügbarkeit ausreichender erneuerbarer Ressourcen auszugleichen.
Da die großen Player gleichzeitig den größten Anteil von Rechenzentren-Kapazitäten und Leistung für sich beanspruchen, werden ihr Engagement für erneuerbare Energien und die Verwendung von PPA den Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch der Rechenzentren erhöhen und gleichzeitig die Energieversorger dazu anregen, mehr erneuerbare Energien ans Netz zu bringen.
Microgrids können auch eine Rolle bei der direkten Ergänzung der im Netz verfügbaren erneuerbaren Energien spielen. Diese netzgekoppelten Anlagen zur Energieerzeugung oder -speicherung vor Ort werden gefördert, um Rechenzentren eine bessere Kontrolle über die Energiekosten zu ermöglichen, indem die Spitzenlast verringert wird. Solarmodule eignen sich ideal für die Unterstützung von Microgrids und bieten Betreibern sowohl kostengünstigeren Strom als auch die Möglichkeit, einige Prozente ihres Strombedarfs für Rechenzentren direkt durch erneuerbare Energien zu decken.
Sind PPAs und Microgrids genug, um die Prognose der Teilnehmer des Rechenzentrums 2025 zu erreichen? Dies kann durchaus der Fall sein, wenn sich die Betreiber von Rechenzentren weiterhin für saubere Energie engagieren und mit ihren Energieversorgungspartnern zusammenarbeiten, um die Weiterentwicklung von Projekten für erneuerbare Energie voranzutreiben. Ja, die Industrie ist ein bedeutender Stromverbraucher, aber sie hat sich auch zu einer treibenden Kraft für Veränderungen in diesem Bereich entwickelt.
Um mehr über Trends im Rechenzentrum zu erfahren, schauen Sie sich unsere Webcast-Aufzeichnung an: Rechenzentrum 2025 - Distributed Edge Meets a Distributed Grid.